Montag, 14. November 2011

DAS BLAUE ZIMMER

I
Ihre Schritte waren auf dem Teppich im Treppenhaus nicht zu hören. Das Erdgeschoss lag im Dunkeln, nur im Wohnzimmer glimmte noch ein Holzscheit im Kamin. Sie stand einen Moment ganz still und lauschte zum Esszimmer hinüber, wo er schlief. Falls er denn schlief. Sie selbst hatte in dieser letzten Nacht kein Auge schließen können. Ab morgen dann getrennte Wege, sie zurück nach Deutschland, und er würde hier in London noch eine Weile jobben, um das Geld für seine Heimreise nach Neuseeland zusammenzubekommen.

In der Küche lag ein Hauch von Putzmitteln in der Luft, die Messer schimmerten im Mondlicht an ihrer Magnetschiene an der Wand. Als sie das hinter der Küche liegende Esszimmer betrat, hielt sie den Atem an. Der weiße Vorhang wehte leicht in der offenen Terrassentür, und vor ihr - auf dem Schlafsofa - zeichneten sich die Konturen seines Körpers unter der Bettdecke ab. Er hatte ihr den Rücken zugewandt und atmete ruhig. Sie setzte sich auf einen der Stühle am Esstisch und zog das T-Shirt über ihre hochgezogenen Knie. Sie war hier herunter gekommen, um ihm noch einmal beim Schlafen zuzusehen, so wie sie es in den letzen Monaten oft getan hatte. Aber sie hatte auch gehofft, dass er noch wach sein würde.

Sie trat an die Schlafcouch. Wie oft hatte sie in seinen dichten, rotblonden Haarschopf gegriffen, ihn zu sich heruntergezogen. Im Mondschein sah sie die kleinen Härchen auf seinem Nacken. Sacht zog sie die Decke von seinem Körper. Wenn er jetzt aufwachte, würde sie sich an ihn schmiegen, und er würde ihr wieder seine Liebe zeigen. Aber hatte er sie denn je geliebt? Sie strich mit ihrem Zeigefinger vom Nacken hinunter bis zu seinem Hintern. Er hatte ein Bein angewinkelt, und seine beiden Hinterbacken bildeten zwei vollkommene Hügel, darunter konnte sie im Schatten seine Hoden sehen. Er stöhnte und wurde wach. Der Anblick seiner Rundungen, der Licht- und Schatteneinblicke im Mondlicht, ließ sie gierig ihre Hand vorschnellen. Und noch bevor er sich zu ihr umdrehen konnte, hatte sie ihre Hand zwischen den Pobacken durchgeschoben und seine Hoden fest umklammert. Er versuchte sich umzudrehen: „Lass das, ich will schlafen.“ Sie zog ihre Hand zurück, aber nur für einen Augenblick, und als er sich auf den Rücken drehte, senkte sie blitzschnell ihren Mund über seinen Penis, sog daran und schmeckte noch einmal all die Nächte ihrer Beziehung. Er wehrte sich nur schwach, versuchte sie wegzuschieben, aber gab sich dann seiner Lust hin. Sie war nun nicht mehr sanft - presste sein Glied hart und fest zwischen ihre Lippen, umfasste mit ihrer Hand seine Hoden und knetete sie. Sekunden später bäumte er sich mit einem Schrei auf, ergoss sich in ihren Mund, und sie nahm alles in sich auf, den Geschmack und den Geruch. „Meine Wegzehrung, Schatz“, murmelte sie und wischte sich mit der Hand über ihren Mund. Dann stand sie auf, ging zu ihrer Handtasche, die am Stuhl hing und wühlte darin herum.
„Du kotzt mich an,“ sagte er.
„Du mich nicht,“ erwiderte sie und ging zurück zur Schlafcouch, legte eine Zehnpfundnote neben die Lampe und strich sie sorgfältig glatt. „Danke!“ Dann lief sie wieder nach oben in ihr Schlafzimmer, wo sie die Tür fest verriegelte.

Beim Packen ihrer Reisetaschen fiel ihr der Prospekt des Hotels in Porthcurno in Cornwall in die Hände, wo vor einigen Monaten alles begonnen hatte.


II
Es war ein heißer Sommer gewesen, und sie war mit ihrem kleinen Flitzer, einem TR 7, durch den Südwesten Englands gefahren. In Porthcurno führte die Straße hinauf zu den Klippen, atemberaubend steil, mit einem Spiegel in der Kurve, damit man entgegenkommende Fahrzeuge sehen und dann warten konnte. Der Weg war frei, und sie raste hoch – nur nicht am Hang stehen bleiben! So landete sie mit Schwung direkt auf dem Parkplatz eines kleinen Hotels. Vor ihr lag die Bucht von Porthcurno – zerklüftete Felsen, bewachsen mit blühendem Heidekraut und hohen Farnen, der Strand und ein strahlend blauer Atlantik tief unter ihr. Sie blieb und lernte das Minack Open Air Theatre kennen, sah Shakespeares Sommernachtstraum auf der in die Felsen gehauenen Bühne, die tosenden Wellen direkt unterhalb der Bühne, suchte nach Steinkreisen aus der Vorzeit und schaute bei jeder Mahlzeit von der Glasveranda des kleinen Hotels auf das Meer. Clotted Cream mit Erdbeermarmelade auf Scones, frischer Hummer und Gemüse - das war die feine Küche, aber es gab auch kalte Pork Pies am Zeitungskiosk, wenn sie nass und hungrig vom Baden kam.

Sie wollte die „Merry Maidens“ fotografieren, einen jahrtausende alten Steinkreis, nicht weit von Porthcurno gelegen, direkt auf dem Weg nach Penzance. Das Auto flitzte durch tief liegende Straßen hinab in das Penberth Valley, ein von Sonnenstrahlen durchdrungenes Blätterdach und wieder hinauf auf die Klippen mit ihren blühenden Feldern. Kurz vor dem Steinkreis sah sie ihn. Er war von seinem Fahrrad gestiegen und studierte eine Straßenkarte. Die Westsonne ließ ihn mit der Landschaft verschmelzen, kupferrote Haare, gebräunte Haut, eine kurze weiße Hose. Ein keltischer Prinz, dachte sie.

Bei den „Merry Maidens“ angekommen, stellte sie fest, dass sie ihren Fotoapparat im Hotel vergessen hatte. Sie musste zurückfahren und ihn dabei überholen. Schicksal oder peinlich? Sie sah ihn noch einmal auf dem Weg zu den „Merry Maidens“ und danach wieder, als sie zurückfuhr zum Hotel. Schon beim zweiten Vorbeifahren hatten sie sich zugewinkt, und beim letzten Mal hielt sie an. Dann ging alles ziemlich schnell: ein erstes Gespräch in einem Pub an der Straße und eine Verabredung für einen Ausflug Richtung Land’s End. Er ein neuseeländischer Mathematiklehrer, der sich ein Jahr frei genommen hatte, um Europa kennenzulernen und sie eine deutsche Englischlehrerin. Beide frei und ungebunden. Sein Fahrrad ließ er in einer Jugendherberge in Penzance stehen, und sie checkte in Porthcurno aus. Sie fuhren an der Küste entlang und stoppten auf der Lizard Halbinsel an einem schneeweißen Hotel, das auf den Klippen stand. Der Mullion Cove mit seinem Hafen und die Bucht lagen tief unter ihnen. Es roch nach Fisch und Teer, und ein Boot lud Hummerfangkörbe auf die Kaimauer. Das Hotel hatte ein freies Zimmer mit Meeresblick. Er überließ ihr die Formalitäten an der Rezeption und kümmerte sich lieber um das Gepäck.

Alles war blau! Die Wände, die Vorhänge, die Laken. Sie zog die Vorhänge zu, ohne dass es bei dem strahlenden Sonnenschein wesentlich dunkler im Zimmer wurde, nur blauer. Sie sanken in die Betten, wühlten sich ineinander, eine glühende, kurze Begegnung, dann schliefen sie ein.

Als sie wach wurden, setzte sie sich auf den Sessel am Fuße des Bettes, zog die Vorhänge auf und blickte auf einen nächtlichen Atlantik. Er umfasste sie von hinten. Liebkoste ihren Nacken mit der Hand, beugte sich zu ihr, küsste sie und sank vor ihr auf die Knie. Der Kupferton seines Haarschopfs verschmolz mit dem Rot ihrer Schamhaare, und sie streckte sich ihm entgegen.

Nach Mullion Cove blieb nicht mehr viel Zeit. Sie hatten nur noch einen gemeinsamen Vormittag, den sie am Strand verbrachten - sie konnten die Hände nicht voneinander lassen, gingen ins Wasser, sie schlang ihre Beine um seine Hüften, und er trug sie durch die Wellen hinter einen Felsenvorsprung, wo sie sich liebten.

Mittags fuhr sie ihn zu seiner Jugendherberge, dann mussten sie sich verabschieden, weil sie sonst ihre Fähre in Weymouth nicht mehr erreicht hätte. Sie hatte einen neuen Song von Gloria Gaynor auf einer Kassette, und der Text, die Melodie und der Rhythmus von „I will survive“ begleiteten sie auf ihrer Rückfahrt durch Südengland, immer an der Küste entlang. Kleine, alte Dörfer, Kornfelder und der blaue Atlantik neben der Straße. Zweiunddreißig Stunden mit ihm hatten ihr Flügel verliehen. Die Fähre brachte sie nach Cherbourg in Frankreich, wo sie weiter wie im Rausch an sommerheißen Feldern vorbeifuhr. Kein Hunger, keine Müdigkeit, nur Zigaretten, Cola und Musik. Fuhr aus Versehen bis nach Paris, da alle Straßen südlich der Hauptstadt sie wie in einem Strudel in die Stadt zogen. Da war es schon tiefe Nacht, dann immer weiter bis nach Deutschland, wo sie sich in der Nähe von Frankfurt in einem Autobahnmotel nach sechzehn Stunden Fahrt schlafen legte.

Zuhause in Deutschland fand sie nicht wieder in ihren Alltag. Nachts hörte sie sein kehliges Lachen, seine Stimme, die neuseeländische Aussprache, bei der ein E zu einem Doppel-E gedehnt wurde. Er würde in wenigen Tagen in London ankommen, das wusste sie, denn sie hatten sich oft geschrieben. Da sie an einer privaten Sprachenschule arbeitete, konnte sie sich unbezahlten Urlaub nehmen, und sie versprach ihrem Chef, zu den Weihnachtsferienkursen wieder zurück zu sein.


III

Rush Hour in der Old Bond Street in Mayfair, rote Doppeldeckerbusse, Autos im Schritttempo, Taxis, die sich überall hindurchschlängelten. Es war ein Freitagnachmittag Anfang September. Sie hatte ihr Auto in einer Nebenstraße geparkt und sich zu Fuß aufgemacht, um ihn zu überraschen. Das Büro, in dem er einen Vertretungsjob machte, befand sich in einem der zahllosen Geschäftshäuser in der Old Bond Street.

Und dann sah sie ihn. Er trat mit einer jungen Frau aus dem Haus. Blieb lachend vor der Tür stehen, bemerkte sie auf der anderen Straßenseite nicht. Die Autos verdeckten sie immer wieder und gaben ihr die Chance, ihn weiter zu beobachten. Er hatte sich einen Schnurrbart wachsen lassen, trug wie immer Jeans, einen Pullover und seine Leinentasche über der Schulter. Die junge Frau verabschiedete sich, und nun ging er allein in Richtung Piccadilly, streifte ihre Straßenseite mit einem kurzen Blick. Er erstarrte, sie strahlte, winkte ihm zu und überquerte die Straße.
„Ich fasse es nicht! Du bist es wirklich“, rief er.
Sie stand vor ihm, schlang ihre Arme um seinen Hals und sagte: „Ich hab’s nicht mehr ausgehalten.“
Er schob sie auf Armeslänge von sich. „Aber ich wollte doch zu dir kommen. Ich bin gerade dabei, mir das Geld für die Fahrt nach Deutschland zu verdienen. Was machst du denn hier?“
Was sie hier machte? Freute er sich denn gar nicht, sie zu sehen? Sie lachte etwas verlegen, schmiegte sich wieder an ihn, spürte, dass er jetzt keine große Liebeserklärung hören wollte, und entschied sich spontan für die Behauptung, sie müsse noch einmal in den Südwesten fahren, um etwas für ihren landeskundlichen Bericht für die Schule zu recherchieren. Und einen Reitkurs hätte sie auch gebucht. Beide schwiegen sich einen Augenblick an, dann lachte er erleichtert auf und wollte wissen, was ihr erstes Ziel sei. Stratford upon Avon. Die Shakespearestadt? „Dann nimm mich doch mit, da bin ich auch noch nicht gewesen.“

Eine wunderbare Idee, sie könnten gleich losfahren, er müsste nur noch kurz zu Hause ein paar Sachen zusammenpacken und dann up, up and away! Es war, als wäre noch immer Sommer, sie drehten im Auto die Musik laut, er studierte die Straßenkarte, sie fuhr. Er schob eine Kassette mit Songs von Joni Mitchell in den Recorder, sie kannte die Sängerin nicht. Sie ist wie eine Göttin für dich? Ja, hör’ doch zu: „Go to him, stay with him if you can, oh but be prepared to bleed...you are in my blood like holy wine...you taste so bitter, bitter and so sweet!“

Es war später Nachmittag, als sie in Stratford upon Avon ankamen. Sie schlenderten am Avon entlang, küssten sich, und er wuschelte sein Gesicht in ihre langen Haare und sagte „Lass uns ganz schnell ein Hotel suchen.“
Sie steuerten auf das White Swan Hotel zu, er wollte aber nicht fragen, ob sie noch ein Zimmer hätten. „Geh du rein, du hörst dich britischer an als ich. Ich bin von down under, das ist nicht so beliebt hier.“
„Du scherzt,“ sagte sie ungläubig, ging dann aber das Zimmer reservieren. War er knapp mit Geld? Oder ging er Formalitäten gerne aus dem Weg?

Beim Dinner begannen sie einander auszufragen: Wie stellst du dir deine Zukunft vor? Was macht für dich den idealen Partner aus? In welcher Stadt würdest du am liebsten leben? Was ist dir wichtig im Leben? „Fußball und Popsongs?“, fragte sie und kicherte. „Ist nicht dein Ernst.“ Doch, doch, aber auch kochen, Freunde im Pub treffen, lesen, malen, fernsehen. Er holte tief Luft und griff nach ihrer Hand. „Wollen wir nicht in London für eine Weile zusammenziehen?“ Ja, unbedingt, sofort, gleich morgen! wollte sie rufen, sagte aber nur vorsichtig „Ja, das wäre eine Möglichkeit, warum nicht?“

Sie gingen auf ihr Zimmer, und sie wickelte ein kleines Geschenk aus, das ihr Freunde für die Reise mitgegeben hatten: einen Dopekuchen und ein paar Joints. Blauer, harziger Dunst waberte durch das Zimmer, während sie sich gegenseitig auszogen. „You are in my blood like holy wine, you taste so bitter and so sweet, oh I could drink a case of you, darling, and I would still be on my feet“. Sie liebten sich, konnten nicht voneinander lassen, glitten ineinander, hielten sich aneinander fest. Schließlich wurden sie langsamer und stiller.

Sie flog ins Universum, in einen nachtblauen Himmel, hin zu leuchtenden Sternen und sah diese auch, als sie die Augen fest schloss. Konnte sich nicht mehr bewegen, nicht mehr aufstehen, auch nicht bis zur Toilette gehen. Er erzählte, dass er auf einem Zaun säße, Angst hätte, herunterzufallen, nicht loslassen könnte und auch bewegungsunfähig sei. Sie lagen eng umschlungen und still, bis der Morgen kam. Irgendwann schafften sie es, aufzustehen, zu duschen und sich anzuziehen.

Beim Frühstück schwiegen beide. Sein Gesichtsausdruck hatte sich verändert: finster und in sich gekehrt, kein Lächeln mehr für sie. Sie war erschöpft, aber ihm gegenüber offen, versuchte, seine Hand zu berühren. Er zog sie zurück und sagte: „Ich glaube, ich brauche jetzt etwas Zeit für mich allein. Ich fahre nach dem Frühstück mit dem Zug zurück nach London. Und was machst du?“ Ihr Mund blieb offen, sie rührte in ihrer Tasse, um Zeit zu gewinnen. Was sie machte? Wollten sie nicht zusammenziehen? Eine gemeinsame Zukunft aufbauen? Nach einer Pause sagte sie: „Ich fahre jetzt nach Devon für meine Recherchen, muss noch Fotos machen. Und dann habe ich ja auch diesen Reitkurs. Ich könnte dich am Bahnhof absetzen.“


IV


Sie war wieder allein. Vor ihr lag das weite Land des Dartmoor Nationalparks. Ginster, Heidekraut und hüfthohe Farne bedeckten die Hügel, auf denen Granitformationen schroff in den Himmel ragten. Sie war zu Bowerman’s Nose hinaufgestiegen und saß im Schatten dieser Granitplatten, die einem Kopf mit einer Nase ähnlich sahen. Es war nur wenige Wochen her, dass sie hier gesessen hatte, bevor er in ihr Leben getreten war. Sie hatte eine Skizze vom Bowerman’s Nose angefertigt und sich frei und glücklich gefühlt. Wie in einer Zeitschleife war sie wieder an den Anfang ihrer Reise zurückgekehrt. Sie stand auf und breitete ihre Arme aus, schloss die Augen und wünschte, fliegen zu können – über die vor ihr liegenden Hügel und Täler hinaus, bis zum Horizont. Ein kühler Windstoß zerrte an ihren Haaren. In ihrer Zeitschleife gab es diesen Mann, der sie zutiefst berührte und den sie begehrte. Auf ihn hatte sie ein Leben lang gewartet. Aber der, den sie heute zum Bahnhof in Stratford upon Avon gefahren hatte, war ein anderer Mensch. Liebte sie diesen launischen Mann, oder nur den Geliebten aus dem blauen Zimmer? Wie sollte sie mit diesen Gefühlsschwankungen umgehen? Dann schoss ihr eine Erinnerung an die vergangene Nacht ins Gedächtnis. Sie hatte Angst vor dem Flug ins Universum gehabt, Angst sie könnte für immer und ewig verschwinden! Halte mich fest! Sag mir, dass du mich liebst! hatte sie gerufen und er hatte geantwortet: Ich kann nicht, ich kann nicht!

Sie verließ Bowerman’s Nose und fuhr nach North Bovey, wo sie in einem strohgedeckten Landhotel aus dem 15. Jahrhundert abstieg und früh zu Bett ging. Mitten in der Nacht wachte sie auf, weil sie Unterleibskrämpfe hatte. Sie schleppte sich ins Bad und sah, dass sie ihre Periode bekommen hatte - mit zweiwöchiger Verspätung. Das warme Wasser der Dusche beruhigte ihren Körper, spülte alles fort. Nun war nichts mehr von ihm in ihrem Körper, sie hatte ihn verloren. Einem Kind sagen zu können, wie sehr sie dessen Vater geliebt hatte, müsste ein großes Glück sein. Sie selbst hatte die Missachtung ihrer Mutter für ihren Vater immer gespürt. Jetzt war sie Mitte dreißig, wie oft würde die Liebe ihr noch begegnen?

Der neue Tag brachte bestes Oktoberwetter. Warum nicht tatsächlich Reitstunden nehmen, ins Hochmoor reiten, wieder ihre innere Ruhe erlangen? Sie hatte die Adresse eines Reiterhofes nahe Moretonhampstead und machte sich auf den Weg. Im Tal lag noch Nebel, aber darüber spannte sich schon ein klarer, blauer Himmel. Das Pferd hieß Spotty, und sie übte Schritt und Trab, bis es in ihren Oberschenkeln kräftig zog und sie den kommenden Muskelkater erahnte. Auf der Rückfahrt hielt sie immer wieder für einen kleinen Imbiss an den wilden Brombeerhecken an. Gegen Abend fuhr sie noch einmal ins Moor, parkte und schaltete die Scheinwerfer aus - die Türen des Autos weit offen. Ein herber Duft von Gras umgab sie, die wilden Ponys am Straßenrand kamen in der Dunkelheit ganz nah heran, schnaubten, schauten sie an und rupften Gras. Die schroffen Tors, die zerklüfteten Steinhügel der Dartmoor Hochebene, bildeten einen tiefschwarzen Scherenschnittrand vor dem dunkelblauen Nachthimmel. Nicht nur er brauchte Zeit für sich allein, auch sie benötigte diese Bedenkzeit. Es war gut zu wissen, dass er in London war. Es war beruhigend und gab ihr die Freiheit, noch ein wenig zu sich selbst zu finden.

Nach drei Tagen lag sein Brief auf ihrem Frühstückstisch:
My dear, sweet lover, I am so full of love and affection for you. I can’t wait to live with you! Aber er schrieb auch, dass er wüsste, wie sehr sie sich in der Nacht im Hotel in Stratford upon Avon gefürchtet hatte, als der Dopekuchen seine Wirkung tat. But you seemed so far off from me, I didn’t think I could reach you.

Genug Zeit mit Pferden und Brombeeren verbracht, sie wollte zu ihm, mit ihm reden, doch sobald sie seine Stimme am Telefon hörte, wusste sie, in welcher Verfassung er war.
„Was, du willst nach London zurückkommen? Ich kann nicht sagen, dass mich das so richtig begeistert. Komm lieber erst nächste Woche.“ Er hatte seinen Brief erst gestern aufgegeben, und heute nun das? Sie ließ sich doch nicht vorschreiben, wo sie ihre Zeit verbringen sollte. Ihre Taschen packen und nach London fahren, schaffte sie in dreieinhalb Stunden, ab Exeter über den Motorway. Sie würde bei ihren Freunden Jason und Vivien in Highgate wohnen. Er musste nicht glauben, dass sie auf Gedeih und Verderb auf ihn angewiesen war.

V

Als sie in Highgate ankam und ihr Auto abschloss, kam Jason ihr schon entgegen, um ihre Reisetasche zu tragen. Es war wie eine Heimkehr – die kleine Doppelhaushälfte mit dem traditionellen runden Erkerfenster, die schwarzen Holzbalken im Obergeschoß und die Wärme ihrer Freunde. Sie lagen sich in den Armen, Vivien setzte Teewasser auf, im Kamin brannte ein Feuer.

Am nächsten Tag fuhr sie zu ihm nach Camden Town, steckte einen Zettel mit ihrer Telefonnummer in den Briefkasten und fuhr, ohne zu klingeln, wieder weg. Kaum war sie in Highgate über die Schwelle getreten, klingelte das Telefon.
„Was sind das für Leute, bei denen du wohnst? Warum bist du nicht zu mir gekommen, als du den Zettel durchstecktest? Können wir uns heute Abend treffen?“
„Nein, das geht leider nicht. Ich hab versprochen, heute das Abendessen zu kochen. Vielleicht morgen Abend?“

In den kommenden zwei Wochen trafen sie sich regelmäßig, saßen im Pub, oder auch bei Jason und Vivien. Eines Abends räumte sie die im Gästezimmer herumliegenden Kleidungsstücke auf. Als sie seine Jacke auf einen Bügel hängen wollte, fuhr er sie scharf an: „Schnüffelst du in meinen Sachen herum?“ Sie schaute ihn verblüfft an – seine Augen waren eng zusammengepresst. Gleich schlägt er mich! schoss es ihr durch den Kopf. „Immer langsam, ja! Ich will hier nur etwas Ordnung machen.“ Sie räumte betont gelassen weiter auf.

Dann gingen sie in die Royal Festival Hall zu einem Barenboim-Konzert und zu Randy Newman ins Dominion Theatre. Er hatte ihr vor dem Randy-Konzert alle Songs vorgespielt und mit ihr die Texte besprochen, so dass sie beim Konzert zu einem glühenden Fan von Randy Newman wurde. Es war der absolute Höhepunkt in diesem Winter, und sie meinte, dass Randy Newman der Heinrich Heine der Rockmusik sei. „Und wer ist Heinrich Heine?“, fragte er sie lachend. Bei Spaziergängen auf dem Hampstead Heath redeten sie sich die Köpfe heiß. Ach, du willst keine Kinder, sie stören dich? Du fühlst dich zu jung für Kinder? Er war fünf Jahre jünger als sie – konnte das eine Rolle spielen? Und die ganze Zeit hatte sie ihr Zuhause bei Jason und Vivien, das ihr Sicherheit vermittelte. Nach zwei Wochen hatte er genug: „Wir müssen aufhören zu reden! Es wird Zeit, dass wir eine gemeinsame Wohnung suchen. Ich fühle mich hier nicht frei genug.“

Im Ham and High, dem örtlichen Immobilienblatt, standen nicht viele Wohnungen und Häuser zur Miete. Die Wohnung sollte eine zentrale Lage haben und vor allen Dingen nicht zu teuer sein. Sie ging mit Vivien auf Erkundungstour, und sie entdeckten die Leverton Street, eine kleine Straße mit Reihenhäusern, nur wenige Minuten von der U-Bahn-Station Kentish Town entfernt. Bald standen sie vor einem Haus, das zur Miete angeboten wurde, und gleich am nächsten Tag konnten er und sie es besichtigen.

Es war Liebe auf den ersten Blick: Ein bescheidenes, kleines Reihenhaus, das Erdgeschoß völlig offen, mit einem Wohn- und einem Esszimmer und einer offenen Küche zwischen beiden Räumen. Die Fußböden hatten Holzdielen, und die Küche war gefliest. Im Esszimmer konnte man durch ein großes Skylight in den Himmel schauen, im Wohnzimmer befand sich ein kleiner schmiedeeiserner Kamin. Im Obergeschoß gab es nur ein Schlafzimmer, das Bad und ein Airing Cupboard für den Warmwasserboiler und zum Warmhalten der Handtücher. Die Fußböden waren mit Teppich ausgelegt, auch im Bad. Vor dem Haus ein winziger Vorgarten, von einer Hecke umrahmt und hinter dem Haus ein etwas größerer Garten, vollständig von Mauern umgeben und mit Kies belegt, in der Mitte eine kleine Weide. Ein Gefühl von Stille und Geborgenheit stellte sich bei ihr ein, als sie das Knirschen unter ihren Füßen hörte und eine Briese in den Zweigen der Weide wahrnahm.

Sie besprachen, was zu tun sei, um es in ihr Zuhause zu verwandeln. Die Wände weiß streichen und ein paar gebrauchte Möbel kaufen, das würde reichen. Und während er in seinem Büro arbeitete, stellte sie Tisch und Stühle und ein Schlafsofa ins Esszimmer, ein altes, eisernes Bett ins Schlafzimmer und legte dicke Bodenkissen vor den Kamin. Als alles fertig war, zog sie bei Jason und Vivien aus, und er konnte endlich sein kaltes und ungemütliches Wohngemeinschaftszimmer in Camden Town verlassen.

VI

Nun begann der Alltag, den sich beide gewünscht hatten, zumindest, was das Zusammenleben betraf: Kochen, am Kaminfeuer sitzen und reden, Spiele spielen und sich Geschichten aus ihrem Leben erzählen. Ein Glas Wein, ein Joint, und sie fühlten sich wie im letzten Sommer, einander nah und neugierig. Sie erzählte von ihrer Familie und dass sie sich mit ihrem Bruder nicht verstünde. Sein Bruder war auch ein Problem für ihn. Er war nur ein Jahr älter als er, sie sahen sich sehr ähnlich und würden oft streiten, da sie in Konkurrenz zueinander stünden. Nur zögernd erzählte er dann, dass seine Schwägerin ermordet worden sei, man hatte ihre Leiche am Strand gefunden. Sie sei dort jeden Tag schwimmen gegangen. Sein Bruder sei als Tatverdächtiger festgenommen worden.
„Um Himmelswillen! War er denn der Täter?“
Er schaute sie empört an:
„Natürlich nicht! Wir warten auf die Hauptverhandlung, die Gerichte brauchen halt so ihre Zeit. Bis dahin ist er noch frei.“
„Und du bist hier in England und nicht bei ihm?“
„Was soll ich schon groß für ihn tun? Lass uns lieber noch eine Runde Scrabble spielen.“ Sie schluckte, wollte nachhaken, sah aber sein abweisendes Gesicht und schwieg.

Nachts schrieb sie in ihr Tagebuch: Mich gruselt diese Geschichte mit der ermordeten Schwägerin. Aber mein Geliebter hat ja auch so eine kleine sadistische Ader, mehr in seelischer Hinsicht, aber immerhin. Liegt das in der Familie? Sie schrieb ihre Tagebucheinträge immer auf Deutsch, nur für den Fall, dass er einmal hineinschauen sollte.

Wenn er Freunde im Pub treffen wollte, tat er dies ohne sie, obwohl er sie jedes Mal bat, mitzukommen. Eines Abends ging sie dann doch mit, um seine Freunde kennenzulernen. Im Hound and Horse ging es hoch her. Laute Gespräche, die Musikbox röhrte, es roch nach Bier und Zigaretten. Seine Freunde liefen zu Höchstform auf, wenn es um das Erraten von Rock- und Popsongs ging – die Anfangsworte reichten, und die Gruppe war im Bild. Auch er blühte auf. Nur sie konnte nicht mithalten, ihr Musikgeschmack war eklektizistisch, mal hier ein Popsong, mal da eine Rockballade oder auch ein Stück klassische Musik. Ein dicker Australier saß ihr gegenüber und lehnte sich nach einer Weile über den Tisch:
„Is wohl nicht so dein Ding? Oder interessiert einen das in deinem Alter nicht mehr?“ Hatte er seinen Freunden erzählt, dass sie fünf Jahre älter war? Sie schaute zu ihrem Geliebten, er saß direkt neben ihr, aber tat so, als wenn er nichts gehört hätte.
Der dicke Australier legte nach:
„Wieso sprichst du so gut Englisch? Bist du ein Chamäleon?“
Ihre Stimme zitterte leicht, als sie antwortete. „Ich bin Englischlehrerin und hab hier einige Jahre gelebt.“
„Ich finde, du biederst dich bei den Briten an. Man hört ja nicht mehr, dass du Deutsche bist. Bei uns hört man immer, dass wir von down under kommen, das mögen sie nicht, die Limies.“
Er lachte grölend, während alle anderen am Tisch still geworden waren und sie erstarrt dasaß. Wofür sollte sie sich verteidigen – dass ihr Englisch so gut war? Sollte sie belegen, dass sie sich nicht anbiederte? Dann wurde der Gesprächsfaden langsam wieder aufgegriffen, und bald kam Soccer dran. Mit Fußball kannte sie sich noch weniger aus. Sie nahm ihre Handtasche, verließ grußlos den Hound and Horse und ging zum Hampstead Heath, der nur um die Ecke lag.

Sie hatte keine Eile nach Hause zu kommen und brauchte frische Luft. Es schmerzte sie, dass er sie nicht verteidigt hatte! Wieso grenzte er sie immer aus, ließ sie nicht in sein Leben, während sie ihm in jeder Hinsicht ein Zuhause bot? Aber wusste sie nicht schon die Antwort? Vor einigen Tagen hatte er ihr gesagt, wie sehr er sich von ihr bedrängt fühlte: „Du hast deine Liebe immer vor mir ausgebreitet, so groß und weit wie ein Tennisplatz! Für mich eine Einladung zum Match von beiden Seiten!“ Sie blieb noch eine Weile auf einer Bank sitzen und schaute zur Stadt herunter. Vom Heath aus konnte man weit über das nächtliche London schauen, selbst die Houses of Parliaments waren zu sehen. Hier war ihr zweites Zuhause, das Gefühl der Geborgenheit und die tiefe Zuneigung ihrer Freunde Jason und Vivien zogen sich durch ihr Leben wie ein warmer Strom. Als sie etwas später in die Leverton Street zurückkam, blieb sie vor dem Haus stehen. War er schon zu Hause? Sie wollte nicht die Erste sein, er könnte glauben, sie würde auf ihn warten. Durch die Rollos schien Licht. Sie traf auf ihn in der Küche, er war betont fröhlich:
„Toller Abend! Wo bist du denn hingegangen? Auf den Heath? Aber Ma’am, das ist nachts riskant!“
„Nicht so riskant, wie von einem deiner Freunde beleidigt zu werden!“
„Das musst du nicht so ernst nehmen, der hatte einen in der Krone.“
„Und warum hast du nicht zu mir gestanden?“
„Wie, was? Du kannst dich doch selber verteidigen, eine so starke Frau, wie du es bist!“ Er feixte sie an.

In der Nacht lag sie still neben ihm. Er schlief fest, sie stand auf und ging ins Bad. Setzte sich auf den weichen Teppichboden und schrieb in ihr Tagebuch. Ich muss einen Deckel auf meine Gefühle schieben - bevor er mich noch mehr verletzt. Ich weiß jetzt, dass wir uns trennen werden. In den kommenden Tagen schlief er nicht mehr mit ihr, und wenn sie sich an ihn kuschelte, gab er vor, müde zu sein. Was auch gut möglich war, denn er hatte zusätzlich zu seinem Bürojob einen Putzjob in einer Snackbar angenommen. Wenn er um fünf Uhr früh aufstand, machte sie ihm ein kleines Frühstück und legte sich dann noch einmal hin. Erotische Nächte gab es nur, wenn er einen Joint geraucht hatte. Sie selbst rauchte mit, weil sie merkte, dass er dann ihre Nähe suchte, weicher wurde. Sie war immer noch empfänglich für seine Berührungen, seine Stimme, den Ausdruck in seinen Augen, den Geruch seines Körpers, ganz gleich, wie sehr sie sich voneinander entfernt hatten. Aber trotz Dope kam sie nicht mehr zum Zuge. Kaum hatte er seinen Höhepunkt erreicht, drehte er sich um und schlief ein.

Eines Tages mussten Handwerker die Wasserleitungen im Bad reparieren, und sie war kurz zuvor mit ihrem Fuß umgeknickt und konnte sich nur noch humpelnd mit einer Gehhilfe bewegen. Sie lag im Bett und konnte direkt in den kleinen Vorgarten schauen. Er hatte begonnen, die Hecke zu schneiden, die Handwerker waren schon gegangen, und sie fiel zu dem Schnipp-Schnapp der Heckenschere in den Schlaf. Ein neues Geräusch ließ sie wieder aufwachen: Es plätscherte aus dem Badezimmer, das Wasser hatte schon ihr Bett erreicht. Sie schrie auf und klopfte an die Fensterscheibe – er stand draußen und schwatzte mit einem Nachbarn, blickte nur kurz zum Fenster hoch, drehte ihr dann den Rücken zu und setzte die Heckenschere wieder in Bewegung. Sie erhob sich, griff ihre Gehhilfe, humpelte durch das Wasser und schaute, von wo es kam: Eine Leitung war geplatzt, und das Wasser strömte ungehindert in die Räume. Noch einmal zurück zum Fenster, klopfen und schreien. Sie rüttelte an der Fensterverriegelung, konnte sie aber nicht öffnen, weil sie klemmte. Er sah wieder zu ihr hoch und schnitt ungerührt weiter. Der Absperrhahn für das Wasser befand sich im Erdgeschoss, direkt neben dem Eingang. Sie humpelte die Treppe hinunter und riss die Haustür auf. Da endlich ließ er seine Heckenschere fallen und kam zu ihr, ohne Eile. Als er sah, wie hinter ihr Wasser über die Treppe lief, erschrak er, rannte zum Haupthahn und drehte ihn zu.
„Wieso bist du nicht gekommen, als ich ans Fenster klopfte?“
Er schwieg.
„Ich habe drei Mal geklopft und gerufen – es hätte ja sonst was passiert sein können.“
„Ich weiß nicht, warum ich nicht reagiert habe.“
„Du hast wahrscheinlich gedacht Lass die doch klopfen, was will die schon wieder.“
„Kann sein, dass ich das gedacht habe. Schon möglich.“

VII

Durch das Schlafzimmerfenster schien die Morgensonne. Sie streckte sich, schob ihre Tagebücher und die Fotos beiseite, um nun endlich ihre Taschen zu packen. In wenigen Stunden würde sie die Fähre in Harwich erreichen, um das Land zu verlassen. Aber um wirklich keine Liebe mehr für ihn zu empfinden, würde sie noch eine Weile brauchen. Schnell war sie mit dem Packen fertig. Nun einen frischen Kaffee kochen und nachschauen, ob er noch im Haus war.

Als sie die Tür aufschloss, hörte sie, dass er duschte. Sie lief die Treppe hinunter und schaute sich ein letztes Mal in der Küche um, während sie auf das Kochen des Wassers wartete. Auf dem Beistelltisch neben der Schlafcouch lag noch immer die Zehnpfundnote, er hatte sie mit einem Kieselstein aus dem Garten beschwert. Die Taschen waren gepackt, seine Jacke hing über dem Stuhl am Telefon. Auf dem Fußboden daneben lag sein Pass, der ihm wohl aus der Jackentasche gefallen war. Sie hob ihn auf und warf einen Blick hinein: Der Familienname stimmte, aber der Vorname war der seines Bruders. Sie hielt sich am Stuhl fest. Er war mit dem Pass seines Bruders unterwegs – er war der Bruder - er hatte seine Frau ermordet! Ihre Nackenhaare stellten sich auf. Ihr Verstand gab ihr kurze Befehle: Wasserkocher ausstellen, Pass zurück in die Jackentasche stecken! Welche Tasche? Innen, außen? Sie schob ihn in die Innentasche und flüchtete nach oben.

Im Schlafzimmer schloss sie die Tür wieder ab, ihre Hände fühlten sich feucht an. Hoffentlich würde er nicht bemerken, dass sie sein Geheimnis entdeckt hatte. Aber er konnte ja nicht wissen, dass sein Pass aus der Jackentasche gefallen war. Während sie wartete, begann sie langsam zu begreifen, was wirklich passiert war. Wie er kein Hotelzimmer hatte buchen wollen, wie er sie angeherrscht hatte, weil er glaubte, sie würde seine Sachen durchsuchen. Dann roch sie frischen Kaffeeduft, und kurz darauf schlug die Haustür zu. Sie legte ihr Ohr an die Zimmertür, ihr Atem flog noch etwas. Im Haus war alles still. Vorsichtig drehte sie den Schlüssel um und zog die Tür auf. Er stand vor ihr! Schön wie ein keltischer Prinz. Die Morgensonne fiel auf sein lächelndes Gesicht als er die Hände nach ihr ausstreckte. "Bad luck"

sagte er und schob sie in ihr Zimmer.

6 Kommentare:

  1. Du weißt ja, dass ich diese Geschichte liebe. Schön, dass sie jetzt hier zu lesen ist.

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  2. Oh sorry, hab erst jetzt wieder hier reingeschaut. Ich war ja immer dafür, den Mord wegzulassen. Aber wenn er unbedingt drin sein muss, finde ich diesen Schluss gut, weil er im Grunde offen ist und man sich ausmalen kann, was man will. :-)

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  3. oh man sowas von symphatisch deine geschichten!!! hast jetzt eine leserin mehr :) gerade beim ersten teil musste ich laut lachen :D sehr gelungen!!!! lieben gruß anna maria

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    1. Herzlich willkommen, liebe Anna-Maria! Freue mich über deinen Kommentar.:)

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